Vernarbendes Schleimhautpemphigoid (Mukomembranöses, MMP)

Zuletzt aktualisiert: 2023-09-28

Autor(en): Navarini A.A.

ICD11: -

Bekannt als Mukosamembranöses Pemphigoid (MMP) oder narbiges Pemphigoid. Andere Bezeichnungen umfassen: Cicatricial Pemphigoid, Benignes Schleimhautpemphigoid, Ocular pemphigus, Dermatitis pemphigoides mucocutanea chronica, Ocular mucous membrane pemphigoid, Okuläres Schleimhautepmphgoid, Okuläres MMP, Dermatite bulleuse mucosynéchiante, Pemphigus conjunctivae, Pemphigus oculaire, Pemphigus okulärer, Scarring pemphigoid, Vernarbendes Schleimhautpemphigoid, Benigner Schleimhautpemphigus, Syndrome muco-oculo-épithélial, Vernarbendes Pemphigoid und Desquamative Gingivitis.

Erstmals beschrieben von Lortat-Jakob im Jahr 1958, aber bereits von Wichmann im Jahr 1793 erwähnt.

MMP charakterisiert sich als eine seltene Autoimmunerkrankung, die zu Blasenbildung und Narbenbildung in den Schleimhäuten wie Mund, Augen, Rachen, Speiseröhre und Geschlechtsorganen führt. 
 

Das bullöse Pemphigoid ist eine sehr nahe verwandte Erkrankung. Eine interessante Entität, die möglicherweise dazwischen steht, ist das vernarbende Pemphigoid Brunsting Perry, welches den Skalp betrifft.

Basierend auf der Immunhistologie können vier Typen unterschieden werden:

  1. Anti-Epileprin Cicatricial Pemphigoid.
  2. Okuläres vernarbendes Pemphigoid, welches durch Autoantikörper gegen β4-Integrin und α6β4-Integrin gekennzeichnet ist.
  3. Fälle mit Autoantikörpern gegen BP 180, die sowohl Haut- als auch Schleimhautläsionen aufweisen.
  4. Anti-Laminin 332 Schleimhautpemphigoid, das in 20-30% der Patienten vorkommt, wobei etwa 35% mit Krebserkrankungen assoziiert sind.

Obwohl MMP selten ist und keine ethnische Tendenz aufweist, liegt die Inzidenz in Westeuropa bei 0,08-0,2 pro 100.000 Personen jährlich. Es manifestiert sich vorwiegend bei Senioren, besonders bei Frauen im Alter von 60 bis 80 Jahren. Ein früherer Ausbruch im Kindesalter ist ungewöhnlich.

Verteilung der betroffenen Bereiche:

  • Mund: 85%
  • Augen: 64%
  • Rachen: 19%
  • Geschlechtsorgane: 17%
  • Nase: 15%
  • Kehlkopf: 8%
  • Analbereich: 4%
  • Speiseröhre: 4%
     

Meistens manifestiert sich die Erkrankung zuerst als therapieresistente, erosive Entzündung im Mund. Hier sind 100% der Fälle mit wiederkehrenden, schmerzhaften Geschwüren in der Mundschleimhaut betroffen. Zudem erleben 80% der Patienten wiederkehrende Bindehautentzündungen. Das gefährliche bei dieser Erkrankung ist die langsame Destruktion, die auf dem Auge zu Verklebungen, Symblepharon und so weiter führen kann. Weniger häufig finden sich auch die Nasenschleimhäute involviert, in circa 40 %. Auch die Genitalschleimhäute können involviert sein. 

Ein regelmässiger Fehler ist die Interpretation der Erkrankung durch die Dermatologin als zu harmlos, und damit die Verzögerung einer aggressiven Immunsuppression.

Zirkulierende Antikörper gegen die Basalmembran sind nicht die Regel. Jedoch sind IgA-Autoantikörper gegen das desmosomale Protein BP 180 (BP230) und ein spezifisches 168 kD-Antigen der Wangenschleimhaut nicht selten vorhanden. Bei Patienten mit nur Augenbeteiligung können Antikörper gegen ein 45 kDa-Antigen nachgewiesen werden.

Ein markantes Merkmal ist die Bildung von subepidermalen Blasen, umgeben von einer Entzündungsreaktion, die hauptsächlich neutrophile und eosinophile Granulozyten einschließt.

Zu den gravierenden Folgen zählen Erblindung aufgrund von Vernarbungen der Augenbindehaut sowie Enge im Kehlkopf, die zu Atemschwierigkeiten führt.

Für das lokalisierte vernarbende Pemphigoid ist die Anwendung von Glukokortikoiden die erste Wahl. Bei einem leichten Krankheitsverlauf genügen lokale Anwendungen wie Augensalben, die Dexamethason oder Hydrocortison enthalten. Das Abwechseln von Kortikosteroiden mit kortikoidfreien Augenpräparaten oder gefäßverengenden Augenmitteln sowie das Durchführen von Augenspülungen können ebenso Vorteile bringen. Bei stärkerer Beeinträchtigung der Bindehaut sind Ciclosporin A-Augentropfen ratsam. Bei Hinweisen auf eine bakterielle Überinfektion sind antibiotische Augentropfen zu überlegen.


Für Beschwerden im Mund, vor allem bei schmerzvollen Schleimhautdefekten, sind lokale Glukokortikoidanwendungen in der Form von klebenden Mundgels oder Lösungen sinnvoll. Sollte die Behandlung nicht anschlagen, können Haftpasten mit Ciclosporin A oder Tacrolimus-Salben nützlich sein. Des Weiteren wird der Einsatz von sanften Schleimhautmitteln oder zusammenziehenden Präparaten empfohlen.
 

Das vernarbende Schleimhautpemphigoid stellt häufig eine therapeutische Herausforderung dar und benötigt oft eine intensive und langfristige Behandlung mit hohen Dosen von Immunsuppressiva. Insbesondere bei Beteiligung des Auges wird eine kombinierte Behandlung aus Glukokortikoiden und Azathioprin vorgeschlagen. Die Anfangsdosen für Prednison und Azathioprin liegen je bei 2,0 mg/kg Körpergewicht. Es gibt auch Alternativen wie Cyclophosphamid, Ciclosporin A und Mycophenolat Mofetil. Dapson wird infolge nicht überzeugender Resultate selten in Betracht gezogen. Klinische Versuche mit Etanercept wurden festgehalten. Es gibt auch Berichte über erfolgreiche Anwendungen von Rituximab-Infusionen. Bei Nichtansprechen auf die Therapie könnte eine Kombinationsbehandlung aus Dapson, Glukokortikoiden und weiteren Immunsuppressiva hilfreich sein.

Neben medikamentösen Maßnahmen könnten chirurgische Verfahren notwendig werden, besonders im Bereich der Augen. Dazu zählen das Trennen von Verklebungen zwischen bulbärer und tarsaler Bindehaut oder das Entfernen von Narben am Augenlid. Es gibt verschiedene chirurgische Optionen, die hier jedoch nicht umfassend dargestellt werden.

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