Milien

Zuletzt aktualisiert: 2022-11-16

Autor(en): Rahel Bianchi

ICD11: -

Hubler et al. 1978

  • Grieskörner der Haut
  • Hautgries
  • Hautgrieß
  • Hautmilien
  • Milia (nicht Miliaria!)
  • Miliium
  • Milium
  • MiIia in newborns
  • Milien des Neugeborenen
  • Transiente eruptive Milien des Säuglings
  • Miliennaevus
  • Hirsekorn

In jeder Altersklasse auftretende Zysten der Haut mit bevorzugter Lokalisation im Gesicht, welche meist kosmetische Bedeutung haben, in seltenen Fällen aber auch ein Teilsymptom komplexer Syndrome sein können und deren Äthiologie dementsprechend vielfältig ist.

  • Primäre Milien treten vor allem bei jungen Erwachsenen auf. Frauen sind hierbei häufiger betroffen als Männer.
    • Milien des Säuglings: Milien kommen transient bei Kindern von der Geburt bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres vor. Je nach Quelle beträgt die Prävalenz zwischen 15 und 50%.
    • Multiple eruptive Milien: In jeder Lebensperiode auftretend.
    • Milia en plaque: Hier sind besonders Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene betroffen.
  • Sekundäre Milien fallen aufgrund fehlender Symptome häufig als Zufallsbefund auf.

  • Primäre Milien
    • Milien des Säuglings
    • Milien als Teilmanifestationen versch. Syndrome (s. Gorlin-Goltz-Syndrom, ektodermale Dysplasie).
    • Multiple eruptive Milien
    • Milia en plaque
  • Sekundäre Milien
    • nach bullösen Dermatosen
    • posttraumatisch
    • In aktinisch geschädigter Haut
  • Pseudomilien

  • Primäre Milien
    • Milien des Säuglings: Die Milienbildung bei Säuglingen ist nicht vollständig geklärt. Es wird von einer transienten Funktionsstörung des Follikelapparates ausgegangen, was zu Einschlusszysten in der interfollikulärer Dermis, in Verlushaarfollikeln oder in den Ausführgängen von ekrinen Schweissdrüsen führt.
    • Milien können zudem als Teilsymptom unterschiedlichster Syndrome wie z.B. dem Gorlin-Goltz-Syndrom oder der ektodermalen Dysplasie auftreten.
    • Eruptive Milien:
      • Sie kommen häufig unter der Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren vor. 2-20 Tage nach Therapiestart kommt es zum Auftreten der ersten Effluoreszenzen.
      • Eine Provokation kann ebenfalls durch Hyperhidrose oder bullöse Dermatosen erfolgen.
      • Eruptive Milien können sich als follikuläre Harmatome präsentieren, welche als follikuläre epidermale Naevi, plaqueförmig, linear entlang der Balschko-Linien oder disseminiert imponieren können und denen häufig genetische Syndrome wie ein Brooke-Spiegler-Syndrom oder einer Trisomie 13 zu Grunde liegen.
      • Eine genetische Form mit autosmal-dominatem Erbgang wird ebenfalls vermutet.
      • Nicht in allen Fällen lässt sich eine klare Ursache definieren.
    • Milia en plaques: Es handelt sich dabei um ein nur den Drüsenausführgang betreffendes Hamartom. In Einzelfällen ist eine autosomal-dominante Vererbbarkeit nachweisbar. Auch hier kann der Hautveränderung ein komplexeres genetisches Syndrom zu Grund liegen.
  • Sekundäre Milien
    • Als Nachfolgeerscheinung von bullösen Dermatosen wie Epidermolysis bullosa hereditaria/acquisita, bullösem Pemphigoid und besonders bei Porphyria cutanea tarda.
    • Posttraumatisch, indem verhornende epidermale Hautanteile unter die Epidermis gelangen. Klassische Verletzungen sind hierbei Verbrennungen oder Abschürfungen, eine Milienbildung ist aber auch nach Radiotherapie oder chemischer Schälkur zu beobachten. 
    • Als Komplikation auf aktinisch vorgeschädigten Hautabschnitten
    • Im Rahmen der bei langer Corticosteroidtherapie auftretenden Atrophie der Haut vorkommend.
    • Im Rahmen des Abheilungsprozesses von granulomatösen Dermatosen wie z.B. Lupus vulgaris oder Sarkoidose
  • Pseudomilien
    • Das klinische Bild entspricht dem einer Milie. Es handelt sich hier aber um Oxalatablagerungen in der Haut (Oxalose) und nicht um eine Zyste.

  • Primäre Milien: Multiple, disseminiert vorkommende kalottenförmige, körnige, klar abgrenzbare, gelbich-weisse Hautzysten. Die Grösse der Hauteffluoreszenz beträgt 0.1-0-4 cm
    • Milien des Säuglings: Zum einen können Milien bereits bei der Geburt vorhanden sein, zum anderen entwickeln sie sich erst im Verlauf des ersten Lebensjahres. Sie zeigen sich als weissliche, feste Papeln mit einer Grösse von 0.1-0.2cm, welche nicht abwischbar sind ohne weitere Symptomatik, welche nach einigen Wochen spontan abheilen. 50-60% der Patienten bilden nebst dem Hautbefund weissliche Papeln an den enoralen Schleimhäuten aus.
    • Multiple eruptive Milien: Die arzneimittelassoziierten Milien (weisse, kleine Hornperlen) gehen in den ersten zwei Wochen nach erstmaligem Auftreten mit Brennen bis hin zu Schmerzen, Lichtempfindlichkeit, Keratitis und Fatigue. Als weitere nicht obligate zusätzliche Hautveränderungen können pustulöse Exantheme ähnlich einer Rosazea (Acne medicamentosa) vorkommen.
    • Milia en plaque: Erworbene, dem Namen entsprechend plaqueförmig oder den Blaschko Linien entlang imponierende  gruppierte oder disseminierte, follikuläre Papeln mit einer Grösse vom 0.1-0.4mm.
  • Sekundäre Milien: Knötchenförmige, derbe und in Gruppen organisierte, weissliche Hautveränderungen, welche keine Symptome verursachen und daher häufig als Zufallsbefund erstmalig diagnostiziert werden. Die Lokalisation entspricht immer der einer zuvor stattgefundenen Hautverletzung.

  • Anamnese inkl. Familienanamnese
  • Hautstatus
  • Ggf. weitere Tests zum Ausschluss anderer Grunderkrankungen

  • Primäre Milien treten vor allem im Gesicht auf. Bevorzugte Lokalisationen sind die seitlichen Wangen, die Schläfen und periorbitale Hautareale.
    • Milien des Säuglings: Die Milien des Säuglings sind wie für primäre Milien typisch an Stirn und Wange lokalisiert, kommen aber auch am Nasenrücken vor. Ebenfalls ist ein Auftreten an Präputium, Skrotum, am harten Gaumen (Epstein-Perlen) oder an den Zahnleisten (Bohn Noduli) zu beobachten.
    • Multiple eruptive Milien:
      • Arzneimitteinduziert v.a. Auftreten im Gesicht
      • Bei fehlender Genese sind v.a. Gesicht inkl. Ohren, Nacken und Rumpf betroffen.
      • Jugendliche sind häufig zentrofazial betroffen
      • Bei fraglich autosomal-dominantem Erbgang zeigen sich die Milien im Gesicht und oberen Thoraxbereich.
    • Milia en plaques: Ubiquitärer Hautbefall mit besonders ausgeprägter Manifestation retroaurikulär, an der Augenpartie, an Wangen sowie an Hand- und Fusssohlen.
  • Sekundäre Milien treten am Ort der Hautschädigung und somit potentiell überall am Körper auf.
    • Bei Milien durch bullöse Hauterkrankungen (Epidermolysis bullosa acquisita) sind v.a. die Finger und Handrücken betroffen.

  • Milien des Säuglings: Eruptive Milien bei Säuglingen und Kleinkinder bilden sich normalerweise nach dem ersten Lebensjahr weder zurück. Bedacht werden muss trotzdem, dass es sich um Teilsymptome seltener Erkrankungen, wie das Rombo-Syndrom, das Bazex-Dupré-Christol-Syndrom oder das Orofaziodigitales Syndrom Typ I handeln könnte.  
  • Sekundäre Milien: Eine spontane komplette Regredienz der Milien ist möglich.

  • Braun Falco, 5. Auflage, Kapitel Zysten Pseudozysten und Sinus, S.1232-1233
  • Bolognia Dermatology, 3 Edition, Chapter Cysts, S.1819 - 1820
  • Altmeyer Enzyklopädie, Kapitel Milien (Übersicht), Milien des Säuglings, Milien multiple eruptive, Milia en paque