Trichotillomanie

Zuletzt aktualisiert: 2022-11-16

Autor(en): Anzengruber F., Navarini A.

ICD11: 6B25.0

Hallopeau, 1889

  • Haarrupf-Tic
  • Haarzwirbeln
  • Haarausrupfen
  • Trichotillomania 
  • habitual hair pulling
  • hair pulling tic
  • Alopecie par grattage
  • Hair-Pulling-Disorder

Meist transientes, neurologisch-zwanghaftes Ausreißen der eigenen Haare. Die Erkrankung bringt einen sekundären Krankheitsgewinn (Aufmerksamkeit) mit sich, zeigt eine Selbststimulation, Autoagression oder kann ein Symptom einer psychiatrischen Erkrankung sein. 

  • 0,6% der Bevölkerung ist betroffen 
  • Lebenszeitprävalenz 0,5-1,5% (Männer)
  • Lebenszeitprävalenz 3% (Frauen)
  • Altersgipfel: 5. und 12. Lebensjahr 
  • M:F = 1:5 
  • Manifestationsalter bei Jungen: 8 Jahre
  • Manifestationsalter bei Mädchen: 12 Jahre
  • Trichotillomanie des Kleinkindes betrifft häufiger Jungen

  • Das neurologisch-zwanghafte Ausreissen sämtlicher Körperhaare geschieht bewusst oder unbewusst.
  • Dysfunktionale Familienverhältnisse und/oder eine gestörte Ablösung von der Mutter führt bei Betroffenen zu einer inadäquaten Ausbildung von Wegen mit Spannung und Aggression umzugehen. Daraus resultiert eine gestörte Impulskontrolle und unbewusste Aggressionsprobleme 
  • Das Ausreissen und Manipulieren der Haare ist ein Copingmechanismus, der immer bei Spannungen zum Einsatz kommt
  • Psychische Erkrankungen sind oft mit diesem Krankheitsbild verbunden. Dazu zählen:
    • Zwangserkrankungen
    • Depressionen
    • Angststörungen
    • Impulsstörungen

  • Haare unterschiedlicher Länge auffällig
  • Ein lokaler, kompletter Haarverlust besteht nicht
  • Meist sind noch kurze, stoppelige, abgebrochene Haare in den manipulierten Arealen sichtbar
  • Die Alopezie ist meist unscharf begrenzt
  • Eine scharfe Begrenzung ist möglich. (CAVE: Fehldiagnose der Alopecia areata)
  • Auffallend ist der Haarboden voller Haarschäfte
  • Unauffällige Kopfhaut
  • Anders als bei der narbigen Alopezie, sind bei der Trichotillomanie die Haarfollikel vorhanden
  • Teils findet man follikuläre Hämorrhagien
  • Mehrere Alopezieareale sind selten.
  • Ein hoher Anteil an Anagenhaaren (>90%) findet sich im Trichogramm, da die locker verankerten Telogenhaare rausgezogen worden sind
  • Bei starker Ausprägung der Erkrankung zeigt das Trichogramm viele dysplastische und dystrophische Haare
  • dysfunktionale Familienverhältnisse und Freundschaften
  • oft schlechte Schulleistung
  • Trichophagie (Kauen und Schlucken der Haare) wird von einigen Patienten praktiziert. Hier besteht die Gefahr der intestinalen Obstruktion
  • Ritualisiertes Zupfen zu einer bestimmten Zeit oder an einem bestimmten Ort kann vorkommen
  • Eine persistierenden Krankheit ist oft einhergehend mit folgenden Verhaltensstörungen: Daumen lutschen und Nägelkauen

  • Anamnese
    • Bei dieser Erkrankung ist die Anamnese nicht verwertbar, da das Zupfen und Ausreißen der Haare meist geleugnet wird
  • Klinik
  • Trichogramm
    • ↓Telogenhaare, ↑Anagenhaare (> 90%)
  • Biopsie zum Nachweis der Trichomalazie
  • keine Anzeichen einer Schuppung
  • eventuelle Pilzkulturen sind negativ 
  • Mikroskopie: Trichoptilose inkl. Grünholzfrakturen, Trichorrhexis nodosa ähnliche Haarbruchstellen

  • Kopf
  • Wimpern (in 25%)
  • Augenbrauen (in 25%)
  • Genitalbehaarung (selten) 

  • oft nicht zu verwerten, da die Erkrankung entweder geleugnet wird, oder den Betroffenen nicht bewusst ist
  • Ritualisierung des Zupfens erfragen
  • Manipulation der Haare abklären
  • Kauen und Essen der Haare durch den Patienten eruieren 
  • Schulleistungen oder Aggressionen abklären
  • Beziehung zu Familienmitgliedern und Freunden erfragen
  • Psychiatrische Erkrankungen wie Schizophrenie, Verhaltensstörung oder Depression erfragen

In den Follikelostien findet sich Keratin, aber auch Melanineinlagerungen. Hämorrhagien sind sichtbar.

Bei einer Kombination mit Trichophagie, wo Haare gekaut und geschluckt werden, können Trichobenzoare entstehen. Dies sind Haarknäuel, die sich aufgrund der Unverdaulichkeit des Haarmaterials im Magen ansammeln und selbigen obstruieren können

Sind Kleinkinder betroffen, verschwindet die Erkrankung meist von selbst

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