Acrodermatitis Continua Suppurativa von Hallopeau
Zuletzt aktualisiert: 2025-05-15
Autor(en): Navarini A.A.
ICD11: -
Zuletzt aktualisiert: 2025-05-15
Autor(en): Navarini A.A.
ICD11: -
Acrodermatitis continua suppurativa von Hallopeau ist eine seltene, chronische Hauterkrankung mit steriler Pustelbildung an Finger- und Zehenspitzen (Akren). Typisch sind schmerzhafte Pusteln auf atrophischer Haut an Nagelbett und Nagelmatrix. Wiederholte Schübe führen zu Nageldystrophie bis zum Nagelverlust (Anonychie). Sie wird als lokalisierte Variante der pustulösen Psoriasis gesehen, mit aggressivem Verlauf an den distalen Extremitäten.
Die Erkrankung ist extrem selten, exakte Daten fehlen. Betrifft meist Erwachsene mittleren Alters; kaukasische Patienten oft 40–50 Jahre, asiatische Kohorten tendenziell früher (30er). Leichte Überzahl bei Frauen. Pädiatrische Fälle sind selten, teils mit genetischen Prädispositionen (z.B. IL36RN-Mutationen) assoziiert. Epidemiologie basiert primär auf Fallserien.
ACH wird den lokalisierten pustulösen Formen im Psoriasis-Spektrum zugeordnet. Sie befällt ausschließlich Akren (distale Finger/Zehen) und zugehörige Nägel. Im Gegensatz zur generalisierten Form bleibt Befall meist auf einzelne Finger/Zehen begrenzt. Sie gilt als eigenständige Entität, hat aber therapeutische und pathogenetische Verwandtschaft zur Psoriasis pustulosa und wird teils als Kontinuum zur palmoplantaren Pustulose gesehen.
Die genaue Ursache ist unklar. Auslöser können Bagatelltraumen oder lokale Infektionen sein (Koebner-Phänomen). Es handelt sich um einen autoentzündlichen Hautprozess. Genetische Faktoren spielen eine Rolle: Mutationen im IL36RN-Gen (IL-36-Rezeptorantagonist) finden sich häufig, besonders bei frühem Beginn, führend zu unkontrollierter IL-36-Entzündung mit Pusteln. Mutationen in CARD14 und AP1S3 wurden ebenfalls gefunden. Immunologisch dominieren überschießende angeborene Reaktionen: Keratinozyten und Neutrophile interagieren, proinflammatorische Zytokine (IL-1/IL-36-Familie) sind zentral. Es ist eine sterile neutrophile Dermatose im Psoriasis-Kontext.
Beginn meist an einem Finger (oft Daumen/Zeigefinger) mit Rötung, Pusteln an der Kuppe. Pusteln sind steril, schmerzhaft, konfluieren und können Nagel ablösen. Nach Platzen bleiben Erosionen, auf denen sich neue Pusteln bilden. Chronisch betroffene Finger zeigen atrophische Haut, Schuppung, neue Pusteln. Fortwährende Entzündung führt zu schwerer Nageldystrophie, Nagelverlust (Anonychie) durch Beteiligung von Nagelfalz/Matrix. Erkrankung breitet sich über Monate/Jahre auf weitere Finger/Zehen aus, bleibt aber meist auf wenige beschränkt; oft asymmetrisch. Selten Ausbreitung auf Hand-/Fußrücken. Befallene Finger/Zehen sind druckschmerzhaft, teils geschwollen (Daktylitis), funktionell eingeschränkt. Psoriatische Gelenkbeschwerden der distalen Interphalangealgelenke können auftreten. Systemische Symptome fehlen.
Die Diagnose ist klinisch. Leitsymptom: chronisch persistierende Pustulierung an Finger-/Zehenendgliedern mit Nagelzerstörung und fehlendem Erregernachweis. Klinischer Hinweis: lokal begrenzte, sterile Pusteln am Nagelbett, die trotz antimikrobieller Behandlung nicht heilen. Ausschluss von Infektionen ist wichtig: Pustelkultur ist steril, Pilzdiagnostik (Onychomykose, Candida) nötig. Histopathologie stützt Diagnose: neutrophile Pusteln in Epidermis, keine Keime. Keine spezifischen Labortests. Bildgebung (Röntgen) kann späte knöcherne Veränderungen zeigen. Einheitliche Diagnosekriterien fehlen. Nagelbeteiligung ist zentral; fehlt diese, andere Diagnosen (palmoplantare Pustulose) erwägen. Genetischer Test (IL36RN) kann bei unklaren Fällen/Kindern helfen, die Mehrheit ist aber negativ für die Mutation.
Die Erkrankung betrifft charakteristisch die distalen Akren: Fingerkuppen (häufiger) und Zehenkuppen. Oft Beginn an nur einem Finger, meist dem Daumen. Im Verlauf Befall weiterer, teils symmetrischer Finger möglich. Bleibt aber auf Finger/Zehen begrenzt, betrifft keine grossen Hautareale ausserhalb von Händen/Füssen (Abgrenzung zur GPP). Zentrales Merkmal ist die konstante Beteiligung des Nagelapparats (Bett, Matrix, Wall); Pusteln sind periungual und subungual. Häufig mehrere Finger einer Hand betroffen, oft asymmetrisch. Seltener Befall aller Finger. Ausdehnung auf Handteller/Fusssohlen oder andere Regionen tritt bei isolierter ACH praktisch nicht auf.
Beschwerden beginnen oft nach kleiner Verletzung (Maniküre, Splitter, Verbrennung) oder Infektion (Nagelbettentzündung). Zunächst Rötung/Schwellung, dann sterile Pusteln. Häufig als Infektion fehldiagnostiziert, Antibiotika/Chirurgie erfolglos. Pusteln persistieren, Nagel wird brüchig, löst sich. Darunter nässende, schmerzende Wunde mit neuen sterilen Pusteln. Chronisch-rezidivierender Verlauf. Zahlreiche frustrane Therapieversuche. Familiengeschichte selten (außer monogene Mutation). Bei Kindern oft sehr früher Beginn (Säuglings-/Kleinkindalter), zunächst Infektionsverdacht. Lange Dauer, erhebliche Belastung der Lebensqualität.
Charakteristisch: Intraepidermale, spongiforme Pusteln nach Kogoj (Neutrophilen-Ansammlungen), oft subkorneal, auch in Schweißdrüsengängen. Psoriasiforme Epidermisverbreiterung, frische Läsionen dünn/atrophisch. Dermis: Mäßiges perivaskuläres lymphohistiozytäres Infiltrat. Alte Läsionen: Fibrose. Nagelmatrix: Neutrophile/lymphozytäre Infiltrate, Akanthose. Wichtig: Keine Bakterien/Pilze (Hautkeime sekundär). Unterscheidung zu Differentialdiagnosen: Keine Akantholyse (wie Darier/Pemphigus), neutrophile Mikroabszesse wie Psoriasis pustulosa.
Keine spezifische Prävention bekannt. Nicht primär exogen verursacht. Verletzungen/Reizungen an Akren vermeiden (möglicher Schub-Trigger: Koebner). Bei Psoriasis/pustulären Reaktionen aggressive Nagelmanipulation meiden. Frühzeitige dermatologische Abklärung bei anhaltenden Akren-Pusteln -> schnelle Therapie kann Ausbreitung/Verschlimmerung verhindern. Fehlbehandlungen vermeiden: Wiederholte Antibiotika/Chirurgie bei vermuteter Infektion stoppen, wenn ACH vermutet wird. Hauptstrategie: Trigger minimieren, bei Verdacht früh adäquate Therapie zur Reduktion von Folgeschäden.
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Behandlung schwierig, individualisiert, oft multimodal. Keine Leitlinien, basiert auf Fallberichten. Topisch: Hochpotente Glukokortikoide, Vitamin-D₃-Analoga. Selten topische Retinoide (Tazaroten), Tacrolimus. Keratolytika bei Verhornung. Systemisch konventionell: Retinoide, Immunsuppressiva. Acitretin oft First-Line bei pustulärer Psoriasis. Ciclosporin bei schweren Fällen, wirkt schnell. Beide verbessern, aber Langzeitverträglichkeit begrenzt. Methotrexat weniger erfolgreich. Dapson selten versucht. Phototherapie (PUVA) adjuvant lokal, begrenzter Effekt auf Pustulosis.
Biologika Durchbruch bei resistenten Fällen. TNF-α-Inhibitoren (Etanercept, Adalimumab, Infliximab) schnelle/anhaltende Besserung. Adalimumab erfolgreich bei Kindern, kann Remission erzielen. IL-17-Inhibitoren (Secukinumab, Ixekizumab) höhere Ansprechraten, verbessern Refraktäres (Secukinumab fast vollständige Abheilung in Studien). Ustekinumab (IL-12/23-p40) wirksam, bes. bei PsA. Neuere IL-23p19-Inhibitoren (Tildrakizumab, Guselkumab) selten, Evidenz begrenzt (Tildrakizumab komplette Remission reportiert). IL-1-Inhibition (Anakinra off-label) reduzierte Pusteln bei IL36RN-Mutation. IL-36-Rezeptorblocker: Spesolimab (anti-IL-36R) für akute GPP-Schübe zugelassen, erfolgreich bei schwerer ACH (fast komplette Abheilung nach Infusion) -> gezielte Blockade zentraler Entzündungsweg, vielversprechend für refraktär/IL36RN. Auch Kinder oft Biologika (Adalimumab).