Ichthyosis vulgaris

Zuletzt aktualisiert: 2023-10-12

Autor(en): Lindemann H.

ICD11: EC20.00, Q80.0

Lorry, 1777; Willian,1808; Wells und Kerr, 1966

Fischschuppenkrankheit, Ichthyosis simplex, Autosomal-semidominante Ichthyosis vulgaris (ADI)

Es handelt sich um eine autosomal-(semi-)dominant vererbte Verhornungsstörung mit unterschiedlicher klinischer Expressivität. Mutationen im Filaggrin-Gen (FLG-Gen) führen zu fest haftenden Schuppen auf sebostatischer Haut. Häufig leiden die Patienten unter geringen subjektiven Beschwerden, wie einem milden Juckreiz. 

Es besteht eine Korrelation mit Erkrankungen des atopischen Formenkreises.

Inzidenz: 1:250

Je nach Klinik können mildere und schwere Verlaufsformen unterschieden werden.

Mildere Verlaufsformen (circa 1/3 der Betroffenen) haben eine Mutation im Filaggrin-Gen.

Schwere Verlaufsformen (circa 2/3 der Betroffenen) haben zwei Mutationen im Filaggrin-Gen.

Über 40 Mutationen sind im Filaggrin-Gen nachgewiesen worden. Überwiegend handelt es sich hierbei um Loss-of-Function-Mutationen, die eine verminderte oder fehlende Expression von Filaggrin oder Profilaggrin hervorrufen.

In der terminalen Differenzierung von Keratinozyten wird Profilaggrin in Filaggrin-Peptide gespalten. Filaggrin fungiert als Strukturprotein und verbindet über Disulfidbrücken Keratinozyten untereinander. Filaggrin wird schließlich zu wasserspeichernden Aminosäuren umgebaut und spendet der Haut so Feuchtigkeit. Bei der Ichthyosis vulgaris kommt es durch die Störungen der Filaggrin-Funktion zu einer gestörten Hautbarriere. Diese führt zu einem Feuchtigkeitsverlust, Entzündungen und einer ungeschützten Exposition zu potenziellen Allergenen. Es kommt zur vermehrten Ausbildung atopischer Erkrankungen.

Die Ichthyosis vulgaris ist bei Geburt in der Regel nicht zu erkennen. Die Hautveränderungen zeigen sich häufig mit 4-6 Monaten. Es kommt meist zu feinen hellgrauen, fest haftenden Schuppen an den Extremitäten. Oft bleiben Leisten und Beugeseiten auf Grund des höheren Feuchtigkeitsgehaltes schuppenfrei. Es kann sich eine leichte Hyperkeratose, sowie eine Hyperlinearität an Händen und Füßen zeigen.

Die Hautveränderungen sind äußerst variabel. Bei milden Verläufen sind Hautveränderungen kaum zu bemerken. Dagegen zeigen sich bei schweren Verläufen große Schuppen, typischerweise mit einer zentralen Anheftung und losem Saum. Es kann hier zu einer Schuppung an Rumpf, Kopfhaut oder Gesicht und zu einer ausgeprägten Hyperkeratose der Hände und Füße mit schmerzhaften Rhagaden kommen. Subjektive Symptome sind selten. Es kann ein leichter Juckreiz bestehen.

Die Diagnose wird meist über die Klinik gestellt. Humangenetische Analysen und histologische Untersuchungen können die Diagnose bestätigen. Eine Schwierigkeit besteht in der hohen Korrelation der Ichthyosis vulgaris und der atopischen Dermatitis. Durch den klassischen Befall der Beugeseiten im Rahmen einer atopischen Dermatitis kann gegebenfalls eine Ichthyosis vulgaris als verursachende Komponente übersehen werden. Hier wären die Beugeseiten typischerweise nicht betroffen.

Die Krankheit manifestiert sich insbesondere an den Streckseiten der Extremitäten.

Leichte orthokeratotische Hyperkeratose. Häufig können eine verminderte oder fehlende Granularschicht erkannt werden. Oft findet sich eine Hyperkeratose der Haarfollikel und Akrosyringien. Die Epidermis kann akanthotisch oder atrophisch erscheinen. Vereinzelt können perivasale lymphozytäre Infiltrate gefunden werden. Die Keratohyalingranula kann fehlen oder strukturell gestört sein. Immunhistochemisch kann ein fehlender oder verminderter Filaggrin-Anteil nachgewiesen werden.

Mit zunehmendem Alter kann es zu einer Besserung der Ichthyosis vulgaris kommen. Jahreszeitliche Schwankungen bestehen. Klassischerweise kommt es zu einer Besserung im Sommer.

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