Systemischer Lupus erythematodes
Zuletzt aktualisiert: 2024-12-31
Autor(en): Anzengruber F., Navarini A.
ICD11: 4A40.0Z
- Systemische Sklerose
- Dermatomyositis
- Tinea corporis (Mykose)
- Tinea corporis profunda
- Rheumatoide Arthritis
- Sjögren Syndrom
- Polymyositis
- Psoriasis vulgaris
- Ekzeme (versch. Aetiologien)
- Erythema multiforme
- Rosazea
- Medikamenten-induzierter Lupus erythematodes
- Mixed Connective Tissue Disease (MCTD)
- Vitiligo
- Chronische kutane Sarkoidose
- Morbus Still
SLE, Lupus erythematodes integumentalis, Lupus erythematodes visceralis, viszeraler Lupus erythematodes.
Potentiell letale, chronisch-entzündliche, schubweise verlaufende Autoimmunerkrankung des Gefäßbindegewebes mit kutaner und viszeraler Beteiligung. Typisch ist das Auftreten von Autoantikörpern gegen Doppelstrang-DNA.
- Prävalenz: 40/100.000.
- Inzidenz: 5-10/100.000.
- Bei Afrikanern 4-mal häufiger als bei Kaukasiern oder Asiaten.
- Familiäre Häufung: in ca. 10%.
- Schweregrad: Bei spanisch-südamerikanischer und afroamerikanischer Abstammung sind oft ausgeprägtere Verläufe zu beobachten.
- Frauen: Männer= 8-10:1.
- Patienten sind selten jünger als 5. Jahre.
- Erstmanifestation erfolgt meist im jungen Erwachsenenalter (15. und 30. Lj.), ein „late onset SLE“ ist jedoch möglich.
- Akut kutaner Lupus erythematodes
- Systemischer Lupus erythematodes mit Organbefall
- Medikamenteninduzierter Lupus erythematodes
- Neonataler Lupus erythematodes
- Multifaktorielle Ätiologie und Triggerfaktoren.
- UV-Strahlen.
- Genetik (z.B.: Mutation im TREX1-Gen, Assoziation mit HLA-DR3 (bei Kaukasiern), HLA-DR1 und -DR2 (bei Asiaten)).
- Medikamente (s. Medikamenten-induzierter Lupus erythematodes).
- Östrogene (z.B.: Exazerbation in der Schwangerschaft).
- Virale Infektionen.
- CD4+-T-Lymphozyten sezernieren IL-4 & 6, was zu einer B-Zell-Aktivierung und schließlich zur Autoantikörperproduktion und im weiteren Sinn zur Produktion von Immunkomplexen führt. Zirkulierende Immunkomplexe können Ablagerung in kleinen Gefäßen viszeraler Organe oder der Haut verursachen, wo sie als Auslöser für Vaskulitiden fungieren können. Zudem ist eine Bildung von Immunkomplexen in der Basalmembran möglich.
- Allgemeinsymptome: ↑ Temperatur, Müdigkeit, Gewichtsabnahme.
- Haut (bei ca. 80% der Patienten)
- Gesicht: Erythema perstans (schuppiges, unscharf begrenztes Schmetterlingserythem), in manchen Fällen kann das gesamte Gesicht erfasst sein. Ca. 60% aller Patienten mit SLE zeigen ein Schmetterlingserythem.
- Stamm: multiforme oder livedoartige oft hämorrhagische, selten bullöse Exantheme des oberen Rumpfes. 20-30% der Patienten zeigen SCLE oder DLE-ähnliche Hautveränderungen. Bis zu 20% der Patienten bleiben hauterscheinungsfrei.
- Palmoplantar: fleckig, diffuse, teils keratotische Erytheme.
- Livedo racemosa.
- Teleangiektasien an Fingerspitzen und subunguale Blutungen am Nagelfalz.
- Vaskulitische Veränderungen können zu Schmerzen und auch zu Gangränen und Ulzerationen führen.
- Mundschleimhaut (in ca. 40% der Patienten): Enantheme, Erosionen, Ulzerationen.
- Lippen: Cheilitis
- Myalgien (fast alle Patienten).
- Arthritis (fast alle Patienten) meist ohne sichtbare Schwellung. Bei 10% besteht zusätzlich eine Polyarthritis.
- Serositis (ca. 50% der Patienten): Im Sinne einer Pleuritis, Perikarditis (Libman-Sacks-Syndrom) oder Peritonitis.
- Lupusnephritis bzw. nephrotisches Syndrom (bei ca. 40–65% der Patienten).
- Lymphknotenschwellungen.
- Hepatosplenomegalie.
- Gastritis.
- Kolitis.
- Psychosen.
- Krampfanfälle.
- vernarbende Alopezie.
- Raynaud-Phänomen.
- Assoziationen:
- Sweet Syndrom.
- Livedovaskulopathie.
- Die Autoantikörper (außer DNA- Antikörper) korrelieren nicht mit der Krankheitsaktivität.
- Autoantikörper gegen doppelsträngige DNA und Immunkomplexe mit Komplementaktivierung, welche eine Vaskulitis verschiedenster Organe auslösen kann.
Entry criterion Antinuclear antibodies (ANA) at a titer of ≥1:80 on HEp-2 cells or an equivalent positive test (ever) |
|||
---|---|---|---|
↓ | |||
If absent, do not classify as SLE If present, apply additive criteria |
|||
↓ |
|||
Additive criteria |
|||
Clinical domains and criteria | Weight | Immunology domains and criteria | Weight |
Constitutional Fever |
2 |
Antiphospholipid antibodies Anti-ß2GP1 antibodies OR |
2 |
Hematologic Leukopenia Thrombocytopenia Autoimmune hemolysis |
3 4 4 |
Complement proteins Low C3 AND low C4 |
3 4 |
Neuropsychiatric Delirium Psychosis Seizure |
2 3 5 |
SLE-specific antibodies Anti-Smith antibody |
6 |
Mucocutaneous Non-scarring alopecia Oral ulcers Subacute cutaneous OR discoid lupus Acute cutaneous lupus |
2 2 4 6 |
||
Serosal Pleural or pericardial effusion Acute pericarditis |
5 6 |
||
Musculoskeletal Joint involvement |
6 |
||
Renal Proteinuria >0.5g/24h Renal biopsy Class Il or V lupus nephritis Renal biopsy Class IlI or IV lupus nephritis |
4 8 10 |
||
|
|||
↓ | |||
Classify as Systemic Lupus Erythematosus with a score of 10 or more if entry criterion fulfilled.
|
Figure link: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6827566/figure/F2/
ANAs bei SLE
Antigen | Häufigkeit |
---|---|
Native DNA | 50-90% |
U1-RNP (nukleär) | 30-60% |
Sm | 10-30% |
rRNP (ribosomal) | 10% |
Ro(SSA) | 40-60% |
La(SSB) | 20-30% |
Ku | 10% |
Histone | 70% |
Quelle: Plewig, Gerd. Braun-Falco's Dermatologie, Venerologie Und Allergologie. Berlin: Springer, 2012. Print.
CAVE:
- Falsch-positiver Rh-Fakt. (in ca. 33%)
- Falsch-positive Syphilisserologie (VDRL) (in ca. 25%).
- Dermatopathologie und direkte Immunfluoreszenz.
- Dermatopathologie
- Interface-Dermatitis, perivaskuläres lymphozytäres, ödematöses Infiltrat.
- Direkte Immunfluoreszenz
- Lupusbandtest: bandförmig granulären, IgG, C3, (jedoch auch IgM und IgA)- Ablagerungen an der Basalmembran (auch in nicht-läsionaler, unbelichteter Haut).
- Dermatopathologie
- Lichttestung
- Lichttreppe, dann Fotoprovokation.
- Durchuntersuchung:
- Blutdruck und Temperatur-Messung.
- Urinstatus:
- 24h- Sammelurin (Kreatinin-Clearance, Immunphorese).
- Thorax-Röntgen.
- Lungenfunktion (CO-Diffusionskapazität z.A. einer interstitiellen Fibrose, Pneumonitis).
- Röntgen bzw. Ultraschall schmerzender Gelenke.
- Oberbauchsonographie.
- Nierenbiopsie: Lupusnephritis.
- Echokardiographie: Karditis.
- Kapillarmikroskopie.
- Lumbalpunktion.
- EEG.
- MRT mit Gadolinium-Kontrast, Angio-MRT, Angiographie: bei V.a. zerebrale Vaskulitis.
- Augenärztliche-Vorstellung: Konjunktivitis, Sicca-Symptomatik.
Systemischer Lupus erythematodes (SLE) betrifft häufig Haut, Schleimhäute, Gelenke und innere Organe. Typische Hautmanifestationen umfassen das Schmetterlingserythem im Gesicht sowie andere sonnenexponierte Areale wie Dekolleté und Arme. Mund- und Nasenschleimhäute sind oft betroffen und zeigen Enantheme, Erosionen und gelegentlich Ulzerationen; die Lippen können von Cheilitis betroffen sein. Gelenkbeteiligung tritt meist als nicht erosive Arthritis auf, die vorwiegend kleine Gelenke ohne ausgeprägte Schwellung betrifft.
Interface-Dermatitis mit lymphozytärem Infiltrat an der dermoepidermalen Junktionszone. Charakteristisch ist ein bandförmiges Infiltrat entlang der Basalmembran, begleitet von vakuolärer Degeneration der Basalzellen. Histologisch sind häufig perivaskuläre und periadnexiale lymphozytäre Infiltrate sowie Ödeme im oberen Korium zu sehen. Ein weiteres Kennzeichen ist die Ablagerung von Immunkomplexen (IgG, IgM, IgA und C3) an der Basalmembran, die sich im Lupusbandtest mittels direkter Immunfluoreszenz nachweisen lassen – oft auch in nicht-läsionaler, unbehandelter Haut.
Eine der ernsthaftesten ist die Lupusnephritis, die zu chronischer Niereninsuffizienz und in fortgeschrittenen Fällen zur Dialysepflicht führen kann. Kardiovaskuläre Komplikationen wie Perikarditis, Myokarditis und ein erhöhtes Risiko für Atherosklerose treten ebenfalls häufig auf. Im neurologischen Bereich kann SLE zu Krampfanfällen, Psychosen und kognitiven Beeinträchtigungen führen. Hämatologische Komplikationen beinhalten hämolytische Anämie, Thrombozytopenie und ein erhöhtes Thromboserisiko durch Antiphospholipid-Antikörper. Zusätzlich kann es zu interstitiellen Lungenerkrankungen, Pleuritis und einem erhöhten Risiko für Infektionen aufgrund immunsuppressiver Therapien kommen.
Die Prophylaxe beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) konzentriert sich auf die Vermeidung von Schüben und die Reduktion des Progressionsrisikos. Ein wesentlicher Bestandteil ist der konsequente UV-Schutz, da Sonnenexposition häufig Exazerbationen auslöst; empfohlen werden tägliche Sonnenschutzmittel mit hohem SPF sowie das Tragen schützender Kleidung. Die Vermeidung bekannter Trigger wie bestimmter Medikamente und Nikotin ist ebenfalls essenziell, da diese den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen können. Zusätzlich ist die regelmäßige Kontrolle auf kardiovaskuläre Risikofaktoren wichtig, da SLE-Patienten ein erhöhtes Risiko für Atherosklerose und Thrombosen haben. Für Frauen im gebärfähigen Alter sollte eine Schwangerschaftsplanung mit dem behandelnden Arzt erfolgen, um Schübe während der Schwangerschaft zu minimieren.
- Schubweiser, chronischer Verlauf.
- Je nach Organbeteiligung kann die Erkrankung bis zum Tod führen.
Dieser Inhalt steht nur registrierten Nutzer:innen zur Verfügung
- Allgemeine Maßnahmen
- UV-Schutz: Strikter Sonnenschutz ist essenziell, um Hautschübe zu vermeiden
- Nikotinkarenz: Verzicht auf Nikotin zur Verringerung des Gefäßrisikos.
- Osteoporoseprophylaxe: Besonders wichtig bei langanhaltender Kortikosteroidtherapie.
- Medikamentöse Therapie
- Antimalariamittel: Hydroxychloroquin (200–400 mg/Tag) wird als Basistherapie für alle SLE-Patienten empfohlen, da es Haut- und Gelenksymptome verbessert, die Krankheitsaktivität reduziert und möglicherweise das kardiovaskuläre Risiko senkt.
- Kortikosteroide: Systemische Kortikosteroide werden bei akuten Schüben eingesetzt; Dosierung richtet sich nach Schweregrad. Leichte bis moderate Verläufe: Prednisolon (0,25–0,5 mg/kg/Tag); bei schweren Schüben: Methylprednisolon-Stoßtherapie (bis zu 1000 mg i.v. über 3 Tage)
- Immunsuppressiva: Bei schweren Verläufen und Organbeteiligungen werden Azathioprin, Mycophenolatmofetil oder Cyclophosphamid eingesetzt. Mycophenolatmofetil (bis zu 2–3 g/Tag) wird insbesondere bei Lupusnephritis bevorzugt.
- Biologika: Belimumab (10 mg/kg alle 4 Wochen) ist bei aktiven, therapieresistenten Verläufen angezeigt. Rituximab kann bei schweren, refraktären Fällen und ZNS-Beteiligung eingesetzt werden, vor allem wenn andere Therapien versagen
- JAK-Inhibitoren und neuere Therapien: Baricitinib und Anifrolumab (Anti-Interferon-Rezeptor-Antikörper) sind vielversprechende Optionen für schwer therapierbare Fälle und werden zunehmend in die Behandlung integriert.
- Plasmapherese und Immunadsorption
- In schwerwiegenden Fällen oder bei hohem Antikörper-Titer kann eine Plasmapherese hilfreich sein, um zirkulierende Immunkomplexe zu entfernen und das Immunsystem zu entlasten.
- Spezifische Therapie für Begleitkomplikationen
- Thromboseprophylaxe: Bei Patienten mit Antiphospholipid-Syndrom wird eine langfristige Antikoagulation empfohleN.
- Blutdruckkontrolle: Notwendig bei Patienten mit Lupusnephritis zur Reduktion des Nierenversagens-Risikos.
- Swaak A, van H, Smeenk R, et al. Systemic lupus erythematosus. Disease outcome in patients with a disease duration of at least 10 years: second evaluation. Lupus 2001;10:51-8.
- Shakoor N, Michalska M, Harris CA, Block JA. Drug-induced systemic lupus erythematosus associated with etanercept therapy. The Lancet 2002;359:579-80.
- Roman MJ, Shanker B-A, Davis A, et al. Prevalence and Correlates of Accelerated Atherosclerosis in Systemic Lupus Erythematosus. New England Journal of Medicine 2003;349:2399-406.
- Al-Raqum HA, Uppal SS, Al-Mutairy M, Kumari R. Shrinking lung syndrome as a presenting manifestation of systemic lupus erythematosus in a female Kuwaiti. Clin Rheumatol 2005;25:412-4.
- Petri M, Kim MY, Kalunian KC, et al. Combined Oral Contraceptives in Women with Systemic Lupus Erythematosus. New England Journal of Medicine 2005;353:2550-8.
- Ramos-Casals M, Nardi N, Lagrutta M, et al. Vasculitis in Systemic Lupus Erythematosus. Medicine 2006;85:95-104.
- Dall'Era M, Wofsy D. Systemic lupus erythematosus clinical trials—an interim analysis. Nat Rev Rheumatol 2009;5:348-51.
- Tassiulas IO, Boumpas DT. Clinical Features and Treatment of Systemic Lupus Erythematosus. Kelley's Textbook of Rheumatology: Elsevier BV; 2009:1263-300.
- Illei GG, Shirota Y, Yarboro CH, et al. Tocilizumab in systemic lupus erythematosus: Data on safety, preliminary efficacy, and impact on circulating plasma cells from an open-label phase I dosage-escalation study. Arthritis Rheum 2010;62:542-52.
- Almoallim H, Khadawardi H. Anti-Tumour Necrosis Factor-α Induced Systemic Lupus Erythematosus. Systemic Lupus Erythematosus: InTech; 2012.
- Takayama A, Ishiguro N, Kawashima M. Coexistence of Bowenoid papulosis and Bowen's disease in a patient with systemic lupus erythematosus. J Dermatol 2012;39:646-9.
- Oomatia A, Fang H, Petri M, Birnbaum J. Peripheral Neuropathies in Systemic Lupus Erythematosus: Clinical Features, Disease Associations, and Immunologic Characteristics Evaluated Over a Twenty-Five-Year Study Period. Arthritis & Rheumatology 2014;66:1000-9.
- Soudet S, Delaporte E, Hatron PY. Diffuse calcinosis cutis in systemic lupus erythematosus: an exceptional complication. Lupus 2016.
- Tenbrock, K. (2016). S1- Leitlinie: Systemischer Lupus erythematodes. Awmf.org. Retrieved 30 May 2016, from
- http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/027-061l_S1_Systemischer_Lupus_erythematodes_2013-01.pdf
- Wallace, D. (2016). Overview of the management and prognosis of systemic lupus erythematosus in adults. Uptodate.com. Retrieved 30 May 2016, from http://www.uptodate.com/contents/overview-of-the-management-and-prognosis-of-systemic-lupus-erythematosus-in-adults?source=search_result&search=systemischer+lupus+erythematodes&selectedTitle=2%7E150
- Aringer M. EULAR/ACR classification criteria for SLE. Semin Arthritis Rheum. 2019 Dec;49(3S). doi: 10.1016/j.semarthrit.2019.09.009. PMID: 31779843 Review.
- Abdalhadi HM, Chatham WW, Alduraibi FK. CAR-T-Cell Therapy for Systemic Lupus Erythematosus: A Comprehensive Overview. Int J Mol Sci. 2024 Sep 29;25(19):10511. doi: 10.3390/ijms251910511. PMID: 39408836 Free PMC article. Review.
- Ghodke-Puranik Y, Olferiev M, Crow MK. Systemic lupus erythematosus genetics: insights into pathogenesis and implications for therapy. Nat Rev Rheumatol. 2024 Oct;20(10):635-648. doi: 10.1038/s41584-024-01152-2. Epub 2024 Sep 4. PMID: 39232240 Review.